Thomas erzählt

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Im Herzen von aktHivplus


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Zeit zum Hören:  19 min.


Aus den ersten Jahren von AIDS.

Thomas erzählt: „Ich und aktHivplus von 1989 bis heute." 

 

Henry: Thomas, was möchtest Du uns erzählen?

 

T: Ich möchte uns zur Vereinsgeschichte von  aktHivplus erzählen wie ich sie erlebt habe. Ich habe hier die Unterlagen wo das alles begann im Jahre 1989. Das waren die ersten Treffen. Von 1989 bis '91 war es Oliver Trautwein der die Verantwortung für die Treffen übernommen hat. Ich selbst war zum ersten Mal auf dem Treffen 1991, dazu aber später mehr. Der Verein wurde 1994 gegründet. Im Jahr 2019 haben wir das 25jährige gehabt. Man darf nicht vergessen, dass zu der Zeit, mein erstes Treffen war 1991, dass die HIV-Infektion fast immer zu AIDS führte und damit ein klares Todesurteil war. Bei den Leuten war das Thema Tod sehr präsent, immer wieder, "...dem geht es sehr schlecht...", "...der ist gestorben..." Das war ein ganz anderes Ding als heute, auch die Ausrichtung der Treffen zu der Zeit. Freilich, man hat Angebote gemacht und Informationen bekommen, aber bei den Treffen, das war ein ganz anderer Zeitgeist, da ging es zum Teil auch zu wie Sodom und Gomorrha, als wenn es kein morgen gäbe. Wir haben es auch furchtbar krachen lassen. Nichtsdestotrotz war es der Wunsch, diese Treffen auch weiter zu erhalten und 1991 hat das auch wirklich Form angenommen, dass man sich zusammengeschlossen hat und ein paar Leute sind dann auch an die Regierung herangetreten und haben um öffentliche Gelder gebeten. Auch noch mit den Aidshilfen im Background und so hat sich dann alles formiert und gegründet. In den Unterlagen, die ich habe, ist auch klar herauszulesen, dass zu der Zeit auch Vorstandsmitglieder gestorben sind.

 

H: Wann hast Du deine Diagnose erhalten?

 

T: Ich bekam die Diagnose Februar 1989, war zu der Zeit aber noch heroinabhängig. Nach meiner Infektion habe ich dann Kontakt gesucht zur Aidshilfe Heidelberg, bin dann über(nennt Namen) in die landesweiten Positiven-Treffen hineingekommen. Gauselfingen, Burladingen war damals der Treffpunkt und ich war ja zu der Zeit gar nicht so nicht in die Spitze involviert, ich war ja wie gesagt drogenabhängig und habe dann '95, '96 meine Therapie gemacht und habe dann vom Verein lange Jahre garnichts gehört und mich nicht gekümmert und bin dann erst wieder im Jahr 1998-99 zum Verein gekommen und dann bin ich 2003 in den Vorstand.

 

H: Du hast gesagt, dass der Vorstand Gelder von der Regierung gefordert hat. War das die Bundesregierung oder die von Baden-Württemberg?

 

T: (liest in seinen Unterlagen) Von 1992 an konnten mit Unterstützung der Aids-Hilfe Baden-Württemberg 3 Treffen pro Jahr stattfinden.
In 1993 zeichnen sich die faktischen Kürzungen des Bundes ab die eine Beibehaltung der Treffen in bisheriger Form nicht gestattet haben. Die regionalen Aidshilfen beschlossen darauf hin, trotz geringer Eigenmittel wenigstens die Reisekosten der oft sozial schwachen Teilnehmer zu übernehmen. Diesen Teilnehmerbeitrag kenne ich selbst auch noch als ich Vorstand war, das ist abgeschafft worden im Jahr 2011-2012, das war damals noch 40 Euro die die Teilnehmer selbst entrichten mussten. Als dann aber für die Aidshilfen die Landesmittel erhöht wurden haben, haben (Anm. d. Red.: nennt Namen) und ich gesagt, das kann nicht sein, dass die sozial Schwachen nochmal die 40 Euro mit übernehmen müssen und die wurden dann abgeschafft.
Nach eineinhalb Jahren zähen Ringens entschloss sich die
Landesregierung die Positiven-Workshops mit einem Zuschuss von dreissigtausend DM jährlich zu erhalten. Gestärkt durch diesen Erfolg in Zeiten des allgemeinen Sozialabbaus und guten Erfahrungen im politischen Umfeld entschlossen sich die Organisatoren zu einem weiteren wichtigen und neuen Schritt. Sie gaben die bisherige Anonymität und den Schutz im Kreis der Aidshilfe endgültig auf, das lief ja alles noch unter dem Deckmantel der Aidshilfen und gründeten 1994 die Organisation als sichtbaren und auch nach außen hin erkennbaren Verein von Aidsbetroffenen unter dem Namen AktHiv+ . Ab 1995 werden also nun die landesweiten Treffen in Baden-Württemberg von AktHiv+ durchgeführt.

H: Du sagtest, Oliver Trautwein war von Anfang an dabei. Wie viele Leute haben sich damals getroffen?

T:
Ja, (Anm. d. Red.: nennt Namen) weiss da sehr gut Bescheid. Sie war ein Gründungsmitglied. Auch (Anm. d. Red.: nennt Namen) der mit dabei war beim 25jährigen Treffen. Und sie war mit im WIR-Projekt in Gauselfingen. Die ersten Treffen waren nur in Gauselfingen.'

H: Ah, deshalb ist der Verein in Gauselfingen angemeldet.

 

T: Ja, das war ein großes Tagungshaus. Wir haben damals zu 8 Personen im Zimmer auf dem Boden geschlafen.

H: Wieviel Leute waren da auf den Treffen?

T:
Ich war ja 3, 4 mal mit dabei, '91, '92, '93. Das waren so durchschnittlich 30, 40 Leute. Im Vorstand waren so 4, 5 Leute.

 

H: War U. J. damals schon mit dabei?

 

T: Ja, ich habe U. kennengelernt 1991. U. war damals einer der Ersten, aber er war noch nicht im Vorstand.

H:
Ist U. dann zusätzlich zur Aidshilfe in Heidelberg gegangen, da war er ja auch Vorstand?

 

T: U. muss so '96, '97 in den Vorstand gegangen sein. Aber genau weiss ich das nicht, denn da war ich in der Drogenentzugstherapie.

 

H: Ich habe auf dem 25jährigen Treffen 2019 Frau Trautwein kennengelernt, die Mutter von Oliver.

 

T: Oliver war der Urheber, der Gründungsvater des Vereins.

 

H: Wann ist Oliver gestorben?

 

T: Als ich ihn '92, '93 gesehen habe ging es ihm bereits nicht mehr so gut. Soweit ich weiß starb Oliver 1996.

 

H: Wie hat damals eure Umgebung reagiert als ihr euch geoutet habt? Mir ist ein Politiker, der Gauweiler, in Erinnerung, der die Leute internieren wollte. Wie waren eure Gefühle? Wie seit ihr damit umgegangen, in der Familie, bei Bekannten und Freunden?

 

T: Es war ein ganz anderes Ding als heutzutage, die Umwelt hat darauf ganz anders reagiert. Die Leute waren ja nicht so aufgeklärt, es war damals das Schreckensgespenst. Ich habe mich schwer gehütet mich zu outen. Viele haben die Erfahrung gemacht, dass sich auch Ärzte geweigert haben. Ich hätte eine Leberbiopsie haben sollen, ich hatte ja damals Hepatitis C. Ein Arzt hat mich nicht behandelt, ein Zahnarzt hat mich aus seiner Praxis verwiesen, das sind Erfahrungen, die hat man damals gemacht, das war wie ein Brandmal, das war ein ganz anderes Gefühl auf den Treffen. Das war dort wie Familie, hier kann ich mich zeigen wie ich bin, welche Probleme ich habe, das lässt sich mit heute überhaupt nicht vergleichen. Ja, auch heute laufe ich nicht mit einem Schild herum, "Ich bin HIV-positiv", damals war es für einen das Todesurteil. Ich weiss noch, die ersten 2 Jahre meiner Infektion von '89 bis '91 war ich tief deprimiert, von wegen morgen stirbst Du.

 

H: Du bist nicht der einzige gewesen mit diesem Todesurteil. Haben sich die meisten dann heimlich getroffen, niemandem etwas gesagt, auch die Familien die es wussten erzählten es niemandem weiter?

 

T: Es gab unterschiedliche Erfahrungen. Ich habe es meiner Familie relativ spät gesagt. Ich kannte Leute, die es überhaupt nicht gesagt haben. Ich kann mich noch sehr gut an Ullrich F. erinnern der mit mir im Vorstand war und aufgrund eines Herzinfarktes viel zu früh und völlig unerwartet von uns ging. Ullrich nahm damals Norvir das unter dem Verdacht stand Herzrhythmusstörungen auszulösen. Er hat das seiner Familie überhaupt nicht sagen können, er wäre auf totale Ablehnung gestoßen, das wusste er genau, und er hat das mit ins Grab genommen. Das fand ich so furchtbar, dass er es nie seiner Familie sagen konnte. Und da gab es einige die es auch mit ins Grab genommen haben, weil es weder am Arbeitsplatz noch in der Familie toleriert wurde. Vielleicht ist die Gesellschaft heute offener geworden, oder es liegt an der medikamentösen Behandlung, damals war das das Schreckensgespenst, es war ja AIDS, da sind ja alle gleich weggelaufen, und heute weiss man, ja, es gibt Tabletten, man kann damit alt werden und damit ist ja auch der gesellschaftliche Umgang ein anderer geworden.

 

H: Wie war es, wenn ihr in den Treffen festgestellt habt wer in der Zwischenzeit wieder gestorben ist?

 

T: Auf den Treffen haben wir Schweigeminuten gehalten. Mich rückwirkend wieder in das Damals hineinzufühlen fällt mir schwer. Wir haben uns damals abgeschüttet mit allem was der Markt hergibt, mit Pulver, mit Alkohohl, mit Tabletten, was wir uns alles reingepfiffen haben, nur um nicht daran denken zu müssen... (schweigt).

 

H: Also ihr habt in den Treffen erstmal gegenseitigen Halt gesucht und euch untereinander ausgetauscht. Gab es Informationen zur Medizin?

 

T: Es gab garnichts. '96 auf dem Kongress in Vancouver ging es los mit der retroviralen Therapie. '92, '93 war Retrovir auf dem Markt, man wusste ja nicht in welchen Mengen man es einnehmen muss. Die Leute haben sich zwei- dreitausend Milligramm Retrovir reingeknallt und sind an den Überdosen gestorben... (schweigt).

 

H: Wie lange waren die Treffen?

 

T: Die Treffen waren damals dreimal im Jahr und gingen über drei Tage, Freitag bis Sonntag.

 

H: Was gab es auf den Treffen weiteres?

 

T: Ja, der Umgang mit Tod zum Beispiel war ein beherrschendes Thema. Wir hatten Leute da vom Hospiz, da hat man versucht irgendwie damit umzugehen, aber im Hinterkopf hatte ich, und ich hatte auch den Eindruck von den anderen, hat man sich gefragt, "Für was das alles überhaupt? Ich werde ja eh sterben". Es gab ja keine Hoffnung.

 

H: Tom, ich bin mir bewusst, dass ich vielleicht wieder Erinnerungen in dir wecke, aber für mich ist das wichtig, und ich denke, es ist es auch wert, es denen nahezubringen die das nicht mehr erlebt haben, es nicht erleben mussten. Du kannst auf meine Fragen antworten, aber Du musst nicht wenn es dir zu nahe geht.
Was hat es speziell mit Dir gemacht, die einen sagen sich in so einer Situation, ich stürze mich wo hinunter, die andern pumpen sich mit Drogen oder Alkohol voll. Du musstest ja damals noch arbeiten. Wie war das für Dich?

 

T: Das kann ich Dir sagen wie das für mich war. Auf der einen Seite war eine große Hoffnungslosigkeit in mir, wo ich mich gefragt habe, was soll das. Auf der anderen Seite hat es mich herausgefordert, ich sagte mir, nein, ich will leben. Das Leben ist mir bewusster geworden. Ich war ja zu der Zeit noch heroinabhängig. Ich bin dann aber im Jahr '95 freiwillig auf Drogenentzugstherapie gegangen, viele haben mich gefragt, hey, für was machst Du das denn überhaupt? Ich wollte das einfach nochmal wissen, selbst wenn ich sterben werde. Die Zeit in der ich noch lebe, das will ich voll bewusst mitnehmen. Ja, ich selbst war da sehr im Widerspruch mit mir, da war ein Tom, der sich gesagt hat, was soll das alles überhaupt, schiess dich ab, und der andere Tom, nein jetzt willst du es nocheinmal wissen. Ich war da in einer Zerreißprobe mit mir und habe mich dann aber entschieden: Nein, ich will leben, ich will mein Leben bewusst und klar zu Ende bringen.

 

H: Gab es dazu einen bestimmten Anlass dich für den Entzug zu entscheiden? Viele nehmen sich vor Entzug zu machen, aber schieben das immer wieder vor sich her, das umzusetzen braucht doch viel Kraft.

 

T: Mir war klar, wenn ich so weitermache mit den Drogen, die meinen Körper so ruinieren, dass es mein Leben verkürzt. Die Infektion hat mir beigebracht, dass mein zeitlicher Rahmen den ich noch habe sehr eng ist. Ich war damals 35, in dem Alter wo man sonst sagt, ja, wenn das nicht hinhaut, dann probier ich halt mal das oder das, dieses Laxe, das hatte ich nicht. Mir war bewusst, dass ich mich entscheiden muss. Die Infektionion hat mein Leben ganz entscheidend beeinflusst. Ich glaube, wie bei jedem, weil es solche drohenden Auswirkungen hatte. Heutzutage hat das Positiv-Sein ja nicht diese Auswirkungen wie zu der damaligen Zeit.

 

H: Du hattest ganz offensichtlich einen Rest von Optimismus, wo du dir sagtest, ja, vielleicht gibt es ja doch noch eine Chance. Wie war das bei den anderen? Konntest Du damit auch andere mit dir nehmen?

 

T: Ich habe viele verloren und Sterben mitbekommen, die den Sprung nicht mehr geschafft haben, in diese Medikamentenflut, wo '94, '94 die CD4-Zahlen so tief waren, die Leute opportunistische Krankheiten oder das Karposi-Syndrom bekommen haben, wo die gesundheitlich so fertig waren, wo es absehbar war, die werden sterben.

 

H: Wie waren deine Erfahrungen mit den Medikamenten?

 

T: 1996 ging es mit den antiretroviralen Therapien los. Ich selbst habe '98 damit angefangen, man hat sich ja damals an alles geklammert. Der Einstieg bei mir waren 18 Tabletten am Tag, mit ganz abstrusen Zeiten, mit Nebenunverträglichkeiten. Ich war damals an der Uniklinik in Erlangen, da war man ja auch Versuchskaninchen. Ich hatte Nebenwirkungen, das war ein schneller Wechsel zu andern Medikamenten hin und her. Ich war 5 Jahre in der Uniklinik und habe mir die volle Bandbreite an Resistenzen geholt. Aber zugunsten der Medizin muss ich sagen, das wusste man damals alles nicht, es wurde alles ausprobiert. Dass sich die Medikamente auch gegenseitig beeinflussen, das wusste man damals alles nicht. Im Jahr 2003 gab es dann mehr Wissen zu Kreuzresistenzen. Ein Facharzt hat dann bei mir festgestellt, dass ich inzwischen so gegen ziemlich alles resistent bin. Ein Doktor hat sich dann bei mir hineingekniet, da muss ich sagen, Mütze ab, der hat dann hingekriegt ein Medikament zu finden das wirkt. Ich hatte eine CD4 von 350 und einer Viruslast von 1,5 Millionen, Jahr für Jahr, peu a peu bin ich dann von meiner hohen Viruslast weggekommen. Dem Mann habe ich viel zu verdanken.

 

H: Was hattest Du für Nebenwirkungen?

 

T: Alles mögliche. Schwindel, Magen. Durchfall, Benommenheit, Schlaflosigkeit. Die damals herausgekommenen Medikamente standen noch in der Versuchsreihe. Dementsprechend hoch waren die Nebenwirkungen. Das waren zum Beispiel Viramune, Kaletra, Sustiva, da waren kräftige Kracher dabei. Aber das hatten alle. Es gab eine Flut Medikamente die gewirkt haben, aber es war alles noch nicht ausgereift.  Erst im Lauf der Jahre gelang es die Wirksamkeit zu konzentrieren und die Nebenwirkungen abzuschwächen.

 

H: Hast Du dich gefragt, ich habe überlebt, warum mussten die anderen sterben, hattest du vielleicht sogar ein schlechtes Gewissen deshalb? Was haben Versuch und Irrtum und das kunterbunte Durcheinander mit dir gemacht?

 

T: Ich habe mich hilflos und ausgeliefert gefühlt, ich hatte aber einen starken Willen, ich habe die Tabletten immer brav genommen, auch wenn es mich angekotzt hat. Ich hatte immer im Hinterkopf den Willen zu leben. Leute, die ich kannte und die aufgehört haben mit ihrer Therapie weil sie das alles micht mehr wollten, die sind dann auch gestorben.

 

H: Gab es jemanden der dir Halt gegeben hat?

 

T: Ja. meine Frau. Ich bin jetzt 30 Jahre mit ihr verheiratet, meine Frau ist auch positiv, wir haben uns immer gegenseitig Halt gegeben, wir haben uns nicht nach unten gebeugt, sondern gegenseitig immer nach oben gestützt. Ich denke auch, dass Gott an meiner Seite war.

 

H: Wann hast du dich getraut dich zu outen, und wie ist es bei deiner Familie angekommen?

 

T: Bei meiner Familie war die Reaktion ganz positiv bis auf eine Ausnahme. Das war angstgesteuert, das war meine Schwägerin, die hatte Angst dass ich ihre Kinder anstecken könnte, die hat den Kontakt abgebrochen. Die Leute damals hatten so eine Panik vor diesem AIDS. Das war nicht schön, aber das habe ich so akzeptiert. Im Freundeskreis hatte ich durchgängig positive Erfahrungen. Man bekommt mit der Zeit ein unheilmliches Gespür dafür, wem man es sagt oder nicht. Genau wie man als Mensch mit der Infektion wächst, wächst man auch mit dem Umgang daran. Ich bin gewachsen mit meiner Infektion.

 

H: Hat dir jemand gegenüber gesagt "Ihr seid ja selber schuld dass ihr euch angesteckt habt“?

 

T: Ja, das habe ich genügend erlebt. Das hat mich damals sehr belastet, ich könnte dir Dinge erzählen, da würdest du den Kopf schütteln. Das hat auch an meinem Selbstbewusstsein gekratzt. Heute prallt das an mir ab, aber damals war ja alles noch frisch. Da gab es vieles was an mir genagt hat. Damals bei dem Bluter-Skandal wurde auch schnell auf sehr zynische Art zwischen den "guten" und "schlechten" Positiven unterschieden.

 

H: Hast du das hingenommen oder hast du dich gewehrt?

 

T: Ich bin dann ja auch in die Aidshilfe Heidelberg gegangen und da habe ich mir Hilfe geholt wie ich damit umgehen kann.

 

H: Gab es vom Verein Kontakte zu der Presse, habt ihr publiziert, Demos gemacht?

 

T: Wir hatten auf dem CSD einen Stand, wir hatten Flyer, eine Zeitlang haben wir intensive Öffentlichkeitsarbeit betrieben, das war, als ich mit U. im Vorstand war, aber schlussendlich überstieg das unsere Energien.

 

H: Wolltet ihr nicht in der Anfangszeit mit provokativen Demos endlich die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen, dass Menschen sterben und alle wegschauen?

 

T: Der Öffentlichkeit war das total egal, auch der Politik. Es war ein zähes Ringen bis sich überhaupt etwas bewegt hat, bis Gelder geflossen sind. Die Unterstützungen sind hauptsächlich von den Krankenkassen gekommen weil sie dazu gesetzlich verpflichtet sind. Wir haben Glück, dass wir von der Aidshilfe Baden-Württemberg (nennt Namen) so unterstützt werden. Ich meine, wir waren der Öffentlichkeit damals egal und wir sind ihr auch heute noch egal.

 

H: Thomas, ich danke dir sehr für das Gespräch, uns Infomationen über die Geschichte von aktHivplus zu geben, und deine Bereitschaft uns deine Erfahrungen und Gedanken mitzuteilen. Das Gespräch war für mich sehr bereichernd und ich denke, das ist es auch für andere, egal ob für uns Positive oder für Besucher unserer Webseiten.
Danke!

 

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